Zugegeben, das bereits 2013 erschienene Einstandseisen des Mindener Stahlarbeiterquartetts „Pandorium“ ist dieser Tage vielleicht alles andere als taufrisch und gilt selbst bandintern nicht mehr als die jüngste Visitenkarte ihrer musikalischen Laufbahn, erschien 2019 mit “The Eye of The Beholder“ der Nachfolger zum Debüt. Doch der Blick zurück kann sich lohnen, dürfte “The Human Art of Depression“ so manchem Adressaten in der schon damals grassierenden Veröffentlichungsflut möglicherweise entgangen sein.
Eines sei gleich vorweggesagt: Wer sich hier eine schnelle Nummer verspricht, kann direkt weiterziehen. Diese Dame steht nicht auf One-Night-Stands, verlangt sie dem Jüngling doch ein gewisses Maß an Leidenschaft und Hingabe ob ihrer üppigen Spielzeit von über einer Stunde ab.
Die Neigung zu akustischen Fausttänzen mal vorausgesetzt, sollte man keine Scheuklappen mit in die Ehe bringen, beherrschen Frontmann Fadil und seine drei Mitstreiter mehr als die 0815-Standardstellungen. Hier zelebrieren Genregrößen wie Death, Exodus, Pantera und Carcass einen musikalischen Gangbang mit Überlänge und lassen sich dabei von Slayer in HD Filmen.
In diesem ohrerotischen Lustspiel in Drei Akten passiert tatsächlich eine ganze Menge und dessen vollständige Handlung mit seinen ganzen Wendungen in nur einem Durchlauf zu erfassen, scheint schier unmöglich.
Der Opener “Mankind has Failed“ gibt einen sehr guten Einblick in die Vielfalt und Stärken dieses Erstlingsepos, kommen hier neben orientalisch anmutenden Klangfarben und verschiedenen Tempi auch circlepittaugliche Riffs zum Tragen, die wie ein roter Faden durch das gesamte Album mäandern.
Es ist zwar vorstellbar, dass die neun, nicht gerade kurz geratenen Stücke auf den ersten Blick etwas einschüchternd wirken, ist das subjektive Erleben doch ein gänzlich anderes. Ausgewählte Abstecher in schwarzheimer Mundart („Desert Eagle“, „When Darkness Falls“) machen sogar Lust auf mehr. Etwaige Zweifler sollten sich einmal die durch ihre eingängigen Hooks getragenen Stücke wie „From Entirety to Individual“, neben dem namensgebenden Titeltrack oder dem superben Rausschmeißer „Restrain and Sustain“ zu Gemüte führen.
Trotz der herausfordernden Länge ist „The Human Art of Depression“ eine runde Sache, die sich vielleicht auch gerade wegen ihrer Komplexität den Schein des Geheimnisvollen bewahrt und nicht gleich beim ersten Treffen blankzieht, sich aber auch nicht ziert, wenn man ernste Absichten hegt und sich ihrer genreübergreifenden Experimentierfreudigkeit bereitwillig hingibt.