Dass man als Ruhrgebietsheadbanger um die Stadt Essen nicht herumkommt, ist so klar wie der kurze beim Herrengedeck und da verwundert es eben kaum, dass hierzulande auch der metallische Nachwuchs wächst und gedeiht. So auch die eher in alternativ rockenden Gefilden wildernden vier Jungs von Dead Memory. Das 2013 formierte Quartett, bestehend aus Chris, David, Jo und Woodie bringt allerdings schon einen gewissen Fundus an Erfahrung mit in das neue Bandgefüge ein, was man ihrer Debüt EP „White Rabbit“ auch durchaus anhört.
Gleich zu Beginn entführt uns das weiße Kaninchen in ein melodiöses Wunderland in dem die Ohrwürmer hausen. Der Opener und zugleich auch Titelsong der vier Tracks umfassenden Erstveröffentlichung, startet mit einer durchaus akzeptablen Hardrockriffattacke. Nach ca. 25 Sekunden dann die ersten Töne von Frontmann David, der sich in einer Doppelfunktion, frei nach Lemmy, auch für die tiefen Töne verantwortlich zeigt. Insgesamt macht das Zusammenspiel einen wirklich guten Eindruck, allenfalls die Produktion könnte für meinen Geschmack noch etwas dicker sein, soll aber zunächst nicht weiter stören. Auch die Stimme des Sängers passt wirklich gut zu der Art Musik die Dead Memory hier darbietet. Vorwiegend im modernen Hard/Heavy Rock verankert kommt man nicht umher, auch eine gewisse Radiotauglichkeit zu bescheinigen. Ob das etwas Schlechtes ist, hängt wohl am ehesten noch vom eigenen Geschmack ab.
Nachdem der hitträchtige Dosenöffner seine Schuldigkeit getan - und dem Hörer gezeigt hat, dass hier wirklich Talent am Werke ist, kommen beim bloßen Titel des zweiten Songs unweigerlich Gedanken an Motörhead auf, gehört das gleichnamige Album „Kiss of Death“ doch in jede gut sortierte Plattensammlung. Tatsächlich wirken schon die ersten Töne des zweiten Stückes eine ganze Ecke rauer und beinahe etwas bluesig. Das ganze Stück umgibt eine etwas melancholische Aura. Mit den britisch-amerikanischen Metalpionieren hat das aber nicht so wirklich viel zu tun, was aber keine Tragödie sein muss, denn was Dead Memory hier machen, machen sie wirklich gut. Auch auf Instrumetalseite bietet der Song genügend Abwechslung und bestätigt den allerersten gelungenen Höreindruck.
Einem kurzen Drumintro folgend offebart sich mir der dritte Song „Sky is Falling“ doch als etwas zu übertrieben sehnsüchtig. Das reißen auch die härter gestimmten Gitarrenparts nicht mehr wirklich raus. Es wird durchaus eine respektable Zielgruppe für diesen Schmachthappen geben, mich selber muss ich da aber leider ausnehmen und verweile doch lieber einen weiteren Durchlauf lang im zweiten Stück der Scheibe. Bestimmt nicht schlecht, aber eben einen guten Fuß über meiner persönlichen Toleranzgrenze.
Der letzte Track „Brand New Day“ gibt sich da schon augenblicklich gefälliger, weil härter. Die Marschrichtung stimmt wieder und in der Tat muss man den Essenern die musikalische Nähe zu Szenegrößen wie Alter Bridge zugestehen. Der Rausschmeißer gehört sicherlich zu den vielseitigsten Songs der Scheibe und mag mitunter im ersten Durchgang etwas sperrig daherkommen, dafür aber mit jedem weiteren umso eingängiger werden. Zusammen mit „Kiss of Death“ die Perle auf diesem Einstand.
„White Rabbit“ wird nicht unbedingt etwas für jeden in der langhaarigen Burderschaft des Moshpits sein, aber dafür auch abseitig der Szene viele erfreute Hörer finden, die nicht erst zu alten Venom richtig in Fahrt kommen. Mir selbst hat die EP streckenweise ganz gut gefallen und insbesondere „Brand New Day“ und „Kiss of Death“ dürften noch das ein oder andere Mal ihren Weg in meine Playlist finden. Summa summarum ist mir der Rundling 7 Punkte Wert. Wer sein Steak „well done“ isst, darf hier auch locker nochmal einen drauf legen.