Wer bei dem Namen der Gelsenkirchener Melodic Deather von Axolotl an den lustigen Lurch denkt, liegt insofern nicht falsch, dass einfach beide gleichsam gute Laune machen. Die fünf Gourmets Göteborger Köstlichkeiten allerdings auf den reinen Spaßfaktor zu beschränken, wäre zu flach, denn was die Truppe um das sympathische Brüdergespann Matthes und Michael Frankenhoff so auf der Bühne zelebriert ist, um es im Slang der 80er zu sagen, „astschocke!“. Nach einer 2010 veröffentlichten Demo und der ein Jahr später folgenden Live EP, bringen uns Axolotl dieses Jahr, in voller Länge, die Kunde der teutonischen Invasoren und das ist der Hit in Tüten!
Mit elf Tracks und einer Gesamtspielzeit von knapp fünfzig Minuten zeigen die fünf Molche, dass sie keinen Igel in der Tasche sitzen haben und liefern dem geneigten Metaller auch einen entsprechenden Gegenwert für seine Teuros.
Bei dem einleitenden ‘The Sound of Times to Come’ hat man es zwar mit einem dieser handelsüblichen Instrumentalintros zu tun, was aber in zweierlei Hinsicht verschmerzbar ist: Zum einen ist es nicht scheiße, zum anderen stimmt die Länge, sodass man sich nicht dauernd fragen muss, wann es denn nun endlich losgeht.
Titel wie ‘The inverted Cross‘ lassen erahnen, dass man geografisch lieber südlich des Himmels, als im Zentrum der ideologisch kalten Polarregion, in Herrgottshausen gastiert. Die episch angehauchte Teufelsbrut brilliert hier recht mehrdimensional, auch mit einem nicht zu verleugnendem Nordmannseinfluss. Die rasante Basedrum zeigt was Drummer Holger so auf dem Kasten hat und das ist beileibe nicht gerade wenig, während Brüllaffe Matthes szenetechnisch als Rampensau sowieso über jeden Zweifel erhaben ist.
Mit der Wiedergeburt der Künste ab dem 15. Jahrhundert, nach dem langen Schlaf des Mittelalters, folgt hier die ‘Renaissance after Armageddon’, was nicht einer gewissen Erwartungshaltung entbehrt. Variantenreich, garstig und hart wirkt diese Moshgranate auf dem subkulturellen Parkett des Extremen, vielleicht nicht gerade das, was man im Bildungsbürgertum als Hochkultur anpreisen würde, aber wer diese Form der Kunst nicht zu würdigen weiß, ist entweder ein Banause oder hört eben Hip-Hop.
In Manier künstlerischer Psychospielchen werden in ‘Your Own Psycho‘ die Melodielinien wieder etwas tragender. An sich hat der Song einen durchweg eigenen Charakter und wirkt nicht zuletzt durch die punktuell gedoppelten Vocals ganz interessant. Ohrwurminfektionen sind hier ebenso garantiert wie der Strip eines nur oberflächlichen Unschuldsengels mit schwarzen Strapsen.
Für den Titel ‘Grave New World‘ möchte man den verantwortlichen Schreiberling wahlweise kreuzigen oder eben einen Orden verleihen. Ich entscheide mich für die letztere Option. Die Vocals kommen in der Grabeswelt noch mal ein ganzes Stück hässlicher herüber, als sonst wo in den Gefilden der Invasoren und zeigen ihr bösartiges Antlitz in regelrechten Hasstiraden. Bückdienst vor der eisernen Jungfrau bei gleichzeitig einprägsamen Quasirefrain tun ihr übriges und schaffen sich so den gebührenden Respekt des metalophilen Publikums.
Die Vielseitigkeit der blau-weißen Molchsbande wird nicht ausnahmslos, aber ziemlich eindeutig in ‘Winning Madness‘ kenntlich gemacht. Wie man es schafft einen Song gleichzeitig klassisch und modern klingen zu lassen, bleibt mir nach wie vor ein Rätsel, aber sich dem Paradoxon beugend, kann man auch schlicht die zensurwürdigen Texte genießen und als Wiederholungstäter beim „the morning after“ der Nackenmuskulatur dem Metal auf ewig abschwören, nur um am Abend, bei Wein und Weibe, wieder rückfällig zu werden.
‘Mors et Corruptio‘ – Nix da, mit Vokabeln kloppen, Zeit für eine kurze Verschnaufpause in Form eines Pianostückes, genau eine Bierlänge für Profialkoholiker.
Das schlachtentaugliche ‘Teutonic Invaders‘ ist sowohl musikalisch ein echter Brecher, als auch, mit seinen gut sechseinhalb Minuten, das zweitlängste Stück der gleichnamigen Scheibe. Zwischen Thrashbrett und Walkürenritt bewegen sich Axolotl gekonnt zwischen den Welten oder um es metaphorisch auszudrücken: Es werden sämtliche Löcher gestopft. Das Titelstück weiss live wie auch im stillen Kämmerlein durchaus zu gefallen.
‘Hate you‘? – I’m lovin‘ it – oder: Der Big Mac fürs Ohr! Agressives Geknüppel, gehüllt in dem Mantel der Eingängigkeit, wie nur Axolotol einen Song zu schneidern wissen. Funktioniert auch an der Einsatzfront, wie die meisten Songs der wandlungsfähigen Melo Deather.
Um sich auch mal ein wenig am Klischeebuffet zu bedienen, wird das über sieben Minuten lange ‘Of Nocturnal Hearts‘ von dem mittlerweile, von der Allgemeinheit, stark abgenutzten Donnergrollen, gefolgt von Marschlauten eingeleitet. Der Sound ist düster bis tragend, untermalt von einer fast zum schunkeln verführenden Hookline. Versatzweise mit einer zünftigen Portion Schwedentod garniert, bringen die Axolotls dennoch ihre ganz eigene Note in diesen kompromisslosen Schweinehund.
Ein typischer Vertreter der Gattung oldschool Thrash macht den Rausschmeißer und verabschiedet das dankbare Publikum mit einem feinen Nachschlag ‘Metal and Beer‘. Partytauglicher Spaßbanger, der nicht nur den Moshpit sondern auch die ganze Scheibe irgendwie rund macht und trotz leichtem Exotenstatus ein logisches Ende setzt. Hier beißen sich wohl die Frankfurter Stadionthrasher von Tankard in den Allerwertesten, nicht selbst drauf gekommen zu sein.
Viel bleibt abschließend nicht mehr zu sagen. Mit ‘Teutonic Invaders‘ haben Axolotl einen erstklassigen Langspieler rausgehauen, den so wirklich jeder Liebhaber harter Töne mit Geschmacksbewusstsein, ohne zu zögern, für sich verhaften darf. Es sollte auch nicht unerwähnt bleiben, dass die Jungs Livequalitäten haben, die ihres gleichen suchen.
„I am the lizard king, I can do anything”.