Orphalis
Human Individual Metamorphosis

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Es gibt death metal und es gibt DEATH METAL und mitunter gibt es auch irgendetwas dazwischen, so etwas wie Orphalis habe ich allerdings bislang noch nicht auf die Ohren bekommen. Unverkennbar finden sich zwar bereits im Titel ihrer Einstandslangrille die markanten Einflüsse von R.I.P. Chuck Schuldiner’s Death (man denke an das grandiose 'Human' oder das monumentale 'Individual Thought Patterns') und auch stilistisch geht man den Weg der legendären Todesmetallpioniere, indem man auf sehr technischen Pfaden des Extremen wandelt, nicht aber ohne auch ganz eigene Akzente zu setzen. ‘Human Individual Metamorphosis‘ ist ein wahrhaftes Monstrum geworden. Brachialität und technisches Können vermengen sich hier zu einem unheilvollen Ungetüm, einem Weltenverschlinger, dem Leviathan in Musica. Zwischen Kant und Krach growlt sich Vokalist Dennis meisterhaft durch das Sperrfeuer von Ausnahmeschlagzeuger Kai. Was hier an der Schießbude dargeboten wird ist einfach nur phänomenal. Die Drums stehen dabei nicht nur in - auf das geistreiche Intro folgende - ‘Hypnagogia‘ klar im Vordergrund, sondern sind auf der gesamten Platte omnipräsent - wenn man vielleicht von dem stark experimentellen und damit etwas aus dem Rahmen fallenden ‘Prelude To Exsanguination‘ einmal absieht.
So eindrucksvoll Orphalis hier auch mit ihren Stärken brillieren, so tritt auch recht rasch die große Schwäche dieser ansonsten wirklich erstaunlichen Scheibe zu Tage und das ist die leider sehr dürftige Produktion. Mit einem für eine derartige Musik zu geringem Druck und viel zu sehr im Hintergrund agierenden Gitarren, wird einem beim Hören schon ein gewisses Maß am Hochgenuss genommen, so ein bisschen wie der Biss in einen schmackhaften Berliner mit zu geringem Marmeladenanteil. Dementsprechend wäre ich absolut dafür, dass die fünf Musikingenieure beizeiten diesen wohl anfangs schwer zugänglichen, aber ebenso brillanten Stahlhappen noch einmal neu aufbacken. Das hat eine exquisite Scheibe wie ‘Human Individual Metamorphosis‘ auch definitiv verdient. Bis dahin, sollte sich der geneigte Gourmet einfach an dem bereits vorhandenen laben und die Jungs auch mal persönlich vor der Bühne beehren.
Einen konkreten Anspieltipp zu benennen fällt mir recht schwer, da die Platte ihren positiven Gesamteindruck nicht zuletzt aus ihrer Ganzheitlichkeit bezieht und dem Adressaten so die Erkenntnis in Form ihrer Funktion als Synthese vermittelt oder mit anderen Worten: Die volle Dröhnung bringt‘s auf den Punkt! Wer jetzt trotzdem eher ratlos als erleuchtet achselzuckend dasteht, der darf auch gerne dem Uhrmacher die Ohrmuschel leihen, ohne dabei Gefahr zu laufen, akustisch zu erblinden. Liebhaber technisch versierter Gewaltaktionen sollten hier genauso bedenkenlos zuschlagen dürfen wie Freunde verkopfter Gutturalakrobatik, denn ein erkenntnistheoretischer Beitrag zum metallischen Selbstbewusstsein ist hier ebenso garantiert wie ein passendes Pendant zum Zarathustra im CD Regal.
7/10 Punkte
Orphalis: www.orphalis.de

Geschrieben von Matthes am 21.06.2013

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